Munition Wiederladen 

Einstellen einer Mehrstationenpresse (am Beispiel der Dillon XL 650) 

1. Material vorbereiten

Zur Herstellung von Patronen benötigen wir vier Komponenten :

  1. Die Hülsen           (Engl. Case)
  2. Die Zünder           (Engl. Primer)
  3. Das Pulver           (Engl. Powder)
  4. Das Geschoss      (Engl. Bullet)


Die Hülsen sollten gereinigt und vorsortiert
in die automatische Zuführung eingefüllt werden. Wer dies nicht hat, muss sie von Hand in die 1. Station einsetzen. Vorsortiert bedeutet, dass nur unbeschädigte Hülsen vom richtigen Typ verwendet werden können. Gerade bei 9mm Luger Kaliber bestehen gewisse Einschränkungen. Verwechslungsgefahr besteht mit .40 S&W sowie 9mm kurz (.380Auto). Alte militärische Hülsen, die für Berdan-Zünder eingerichtet sind, haben kein zentrales Zündloch und sind deshalb nicht verwendbar. Es gibt noch 2 – 3 Typen, welche einen verkleinerten Zündlochdurchmesser aufweisen (Thuner, S&B SX). Dafür bräuchte man einen dünneren Ausstossstift in der ersten Matrize, ansonsten besteht hier Bruchgefahr. Kleinkaliberhülsen verstecken sich gern in grösseren Kalibern und sind zu entfernen. Ein Hauch Öl oder Fett nur an der Aussenseite (!) der Hülsen verringert die Reibung in der Kalibriermatrize.

Die Zünder werden aus ihrer Verpackung in die Zünderwendebox gefüllt und dort alle auf eine Seite gedreht. Sie werden in der geschlossenen Box nochmals gedreht, damit alle mit dem Boden nach oben liegen. So können sie mit dem „Pickrohr“ aufgenommen werden. Es passen jeweils 100 Stück in ein Rohr. Man kann sich mehrere Rohre zulegen, um nicht jedes mal nach 100 gefertigten Patronen wieder Zündhütchen drehen zu müssen. Aus dem Pickrohr werden sie in das Zündervorratsrohr der Maschine gefüllt (Boden nach unten). Sind im Vorratsrohr nur noch wenige Zünder, wird über einen Kunststoffstab ein Kontakt für einen Warnsummer geschlossen.
Für Faustfeuerwaffenkaliber gibt es zwei Zündhütchendurchmesser : Small (4,45 mm) und Large (5,33 mm). Bei einem Wechsel müssen einige Teile in der Maschine getauscht werden.

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        Hier noch 2 maschinelle Varianten der Zündhütchen Abfüllerei.
 
 
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Die RF 100 von Dillon, eine schwere Ganzmettalausführung ist sehr robust und bewährt. Allerdings teuer.

Die DAA Primer-Pro Collator von DoubleAlpha  ist seit Anfang 2020 auf dem Markt und wesentlich billiger als die Dillon. Eine Maschine mit vielen Teilen aus Kunstsoff und etwas feinfühlig. Vorallem bei Fiocci Zündern lohnt es sich, die Rampe und den Disk sorgfältig zu reinigen (z.B. mit Motorrad SprühWax). Der Primer-Pro hat den Vorteil, dass sie beim Abfüllen die Zünder zählt und wenn 100 durch sind, automatisch stoppt. 

 

 

Das Pulver wird in der Dose etwas aufgeschüttelt (gegen Klumpen) und in den Pulverturm des Dosierers gefüllt. Die Mengeneinstellung erfolgt mittels einer Schraube über den verstellbaren Teil des Dosierschiebers. Diese ist experimentell zu ermitteln, was u.U. bei jeder Pulvercharge neu erfolgen muss. Der Pulverturm sitzt normalerweise auf Station 2 der Maschine.

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Das Geschoss wird auf Station 3 oder 4 aufgesetzt. Dies kann manuell oder über eine optionale Zusatzeinheit (Bulletfeeder) erfolgen. Bei manueller Zuführung ist es praktisch, links neben die Maschine eine Schachtel mit 200 – 400 Geschossen zu stellen. Mit der linken Hand kann das Geschoss aufgesetzt werden, während die rechte Hand den Pressehebel bedient.

 

    2)   Matrizen einstellen

Auf Station 1 befindet sich die Kalibrier- und Zünderausstossmatrize. Durch den Explosionsdruck weitet sich die Hülse etwas im Patronenlager und muss wieder auf das Nennmass reduziert werden. Der alte Zünder wird durch das Zündloch mit einem gehärteten Stahlstift ausgedrückt.
Die Matrize wird so tief wie möglich eingestellt. Dazu bringt man den Pressentisch in die höchste Stellung und schraubt die Matrize so weit herunter, bis sie den Hülsenteller gerade berührt. Dann wird sie mit der Mutter fixiert. Falls der Ausstosssstift einmal abbricht, kann er separat aus der Matrize entnommen und ersetzt werden. Es ist eine gute Idee mehrere Ersatzstifte im Lager zu haben.

Auf Station 2 wird der Zünder eingepresst (von unten) und das Pulver eingefüllt (von oben). Ausserdem erfolgt über einen Konus  des Pulverfüllers das Aufweiten des Hülsenmunds („Belling“ -> Glockenförmig). Dieses Aufweiten erleichtert das Aufsetzen des Geschosses. Etwa 0,5mm sind ausreichend, damit das Geschoss ca. 1,5 mm tief ohne Kraftaufwand in die Hülse geschoben werden kann. Ohne Aufweiten besteht die Gefahr, dass Teile des Geschossmantels beim Einpressen vom Hülsenrand abgeschert werden. Dies führt zum Klemmen der Patrone bei der Zuführung. Zu starkes Aufweiten lässt die Hülse reissen und das Geschoss rutscht zu tief hinein.
Zur Einstellung wird das Halterohr des Pulverturms so lange heruntergeschraubt, bis beim Pressvorgang die gewünschte Aufweitung erzielt wird. Danach wird es mit der Kontermutter fixiert.
Das Einpressen des Zünders bedarf keiner Einstellung, jedoch ist hier etwas Gefühl notwendig. Es erfolgt bei der Pressenhebelbewegung auf den letzten Zentimetern nach Oben. Ein geübter Wiederlader erkennt an der notwendigen Kraft, ob ein Zündhütchen klemmt oder keines vorhanden ist.

Station 3 ist entweder leer oder besitzt hier eine Pulvermengentestvorrichtung (optional). Ein Kunststoffstab detektiert die Höhe der Pulverfüllung. Ab einer gewissen Abweichung von der Nennhöhe wird über einen Kontakt ein Summer betätigt. Die Einstellung erfolgt hier mit der Referenzpulverfüllung. Der Pressentisch wird ganz nach oben gefahren und die Höhe des Pulvermengenwarners so justiert, dass der Kontakt nicht betätigt wird.
Alternativ kann hier der automatische Geschosssetzer installiert werden.

Station 4 enthält die Matrize zum Geschosssetzen. Setzen bedeutet hier Einpressen in die Hülse, damit die Nennlänge der Patrone erreicht wird. In der Matrize befindet sich ein austauschbares Widerlager, was in der Form passend zum Geschoss zu wählen ist (Rundkopf, Flach). Zum Einstellen wird ein Pressvorgang durchgeführt und anschliessend die Patrone der Maschine entnommen. Mit der Schieblehre wird die Länge gemessen und je nach Ergebnis die Setzmatrize höher- oder tiefergeschraubt. Wenn die Länge stimmt, wird die Matrize mit der Kontermutter fixiert. Die Matrizen besitzen das Gewinde 7/8“-14. Eine Umdrehung bedeutet damit eine Verstellung von 1,8 mm.

Station 5 ist für das Crimpen zuständig. Crimpen bedeutet das Anpressen des Hülsenmunds an das Geschoss zur Fixierung. Es gibt zwei Crimparten : Taper- und Rollcrimp. Bei den normal gebräuchlichen Geschossen wird meist der einfachere Tapercrimp verwendet, d.h. der Hülsenmund wird flach an das Geschoss angepresst. Die Matrize wird in der Höhe so eingestellt, dass der Hülsenmund leicht in das Geschoss gedrückt wird, ohne es zu stark zu deformieren (siehe Photo). Wenn das gewünschte Ergebnis erreicht ist, wird auch diese letzte Matrize mit der Mutter gekontert.

     3)   Pulvermenge einstellen

Das Einstellen der gewünschten Pulvermenge ist eine der wichtigsten Arbeiten, da sie sicherheitskritisch ist. Am einfachsten ist es, wenn man das Zwangsrückführungsgestänge des Pulverturms aushängt, einen kleinen Becher unter das Pulverrohr hält und den Pulverschieber von Hand betätigt. Um genaue Mengen zu erhalten und Messausreisser zu vermeiden füllt man 10mal Pulver in den Becher. Dieses wird dann mit einer Präzisionswaage gemessen. Präzision ist notwendig, denn die Gewichte sind recht klein. Eine normale 9mm Luger Patrone hat eine Pulverfüllung von ca. 0,3 Gramm ! Das Ergebnis wird durch 10 geteilt und mit der Wunschmenge verglichen. Die Verstellung erfolgt über die Sechskantschraube an der Schmalseite des Schiebers. Eine Drehung im Uhrzeigersinn vergrössert die Pulvermenge. Als groben Anhaltspunkt kann man ca. 1,2 Grain pro Umdrehung nehmen (beim kleinen Pulverschieber). Dies ist aber stark vom verwendeten Pulvertyp abhängig. Es ist hilfreich, sich eine Notiz mit der aktuell eingestellten Menge auf den Pulverturm zu kleben. Nach dem Einstellen das Einhängen der Zwangsrückführung nicht vergessen !


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Das Einstellen der Pulvermenge wird erleichert, wenn man die werksmässige Verstellschraube durch eine Feingewindespindel zusammen mit einem Zehngang-Einstellknopf für Präzisionspotentiometer (im Elektronikhandel erhältlich) ersetzt. Etwas handwerkliches Geschick sollte vorhanden sein. Man kann jederzeit den aktuellen Einstellwert ablesen und sich eine Tabelle für den Zusammenhang zwischen Pulvermenge und Einstellung machen. Das erspart viele Kontrollwägungen.

 

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 4)    Häufige Probleme

Keine Maschine ist perfekt. Auch die Beispielmaschine (Dillon XL650) macht mitunter Probleme. Bekannt ist z.B. das „Springen“ des Hülsentellers. Dieser wird bei jedem Arbeitshub um eine Position weitergedreht. Zur Fixierung der Position wird eine Stahlkugel mittels einer Feder von unten in die entsprechenden Aussparungen des Tellers gedrückt. Wenn der Teller leicht drehbar in der Maschine sitzt, führt das Einrasten der Kugel zu einem ruckartigen Springen des Tellers in die Endposition. Bei gut gefüllten Hülsen fliegt dann etwas Pulver heraus. Um das zu vermeiden, muss der Teller etwas definierte Reibung erhalten. Wer hat, nimmt eine passende Wellscheibe zwischen Befestigungsschraube und Hülsenteller oder schneidet sich eine passende Scheibe aus dünnem elastischem Kunststoff. Man kann beim Pressen mit der freien linken Hand auch die Hülse zwischen Station 3 und 4 etwas abbremsen.
Das zweite Problem ist die automatsche Hülsenzuführung. Der Motor des Feeders ist etwas schwach dimensioniert und bleibt bei Überfüllung ( > 200 Hülsen) gern stehen. Dem ist mit der Hand etwas nachzuhelfen. Wenn die Hülse mit einem Schieber in den Hülsenteller eingesetzt wird, besteht die Gefahr, dass der Schieber sie wieder etwas zurückzieht. Dann setzt die erste Matrize auf dem Hülsenrand auf und zerquetscht sie. Beim Betätigen des Pressenhebels merkt man eine schlagartige Zunahme der notwendigen Kraft. Also nicht zu hektisch Pressen. Auch ist auf das richtige Einrasten der Hülsenausziehrille in die Halterungen des Tellers zu achten.

Ansonsten : Frohes Wiederladen und Nachfüllen des Materials nicht vergessen !

 5)   Kontrolle der Patronen

Auch beim konzentrierten Wiederladen kann mal etwas danebengehen. So eine Funktionsstörung wegen mangelhafter Munition ist im Training nicht so schlimm, aber im Wettkampf ärgerlich. Deshalb sollte man die hergestellte Munition äusserlich kontrollieren. Es gibt preiswerte Patronenlehren, womit man jeden Schuss auf Einhalt der Maximalmasse kontrollieren kann. Wem dies zu mühsam ist, der füllt seine Munition in die bekannten 100er Boxen mit dem Boden nach oben. Dort sieht man sehr schnell eventuelle Längenabweichungen und schlecht gesetzte Zündhütchen.
Falls man mit unbekannten Laborierungen experimentiert, sollte man die Leistung der Patrone mit einer V0 – Messung ermitteln. Dazu benötigt man einen Chronometer (z.B. Labradar).